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Gedankenstürme auf 36m²

Ich liebe meine Wohnung. Sie ist klein, intim und unglaublich günstig. Es war zuerst eine Notwendigkeit einfach zu wohnen. In den letzten Jahren wurde es eine bewusste Entscheidung. Was braucht Frau mehr als Küche, Bad und Schlafzimmer?


So und dann kam Corona.

Nach einer Woche der häuslichen Isolation vermisse ich Platz. Platz mich auszubreiten, Platz zum Basteln, Platz zum Denken, Platz zum Ruhen und Platz, um aktiv zu sein, einfach Platz.

Und dann kommt ein weiterer Gedanke – da draußen gibt es Menschen, die mit mehrköpfigen Familien auf kleinstem Raum leben! Von dem her, bin ich immer noch gesegnet. Wir (mein Partner und ich) sind zwar gemeinsam in diesem Haushalt, aber er muss noch regelmäßig in die Arbeit. Wir haben trotz der kleinen Quadratmeter Anzahl noch die Möglichkeit uns aus dem Weg zu gehen, wenn man mal eine Minute für sich braucht, und bewusst sich für gemeinsame Zeit zu entscheiden. Wie geht es euch da draußen mit Kindern, Eltern, Geschwistern?

Oder wie geht es den Menschen, die jetzt alleine in ihren vier Wänden sind? Wir, „Jungen“ finden Wege, um unsere Bedürfnis nach sozialem Austausch zu befriedigen. Es wird telefoniert, geskypt, geschrieben, online gespielt. Aber was macht die Generation, die diese technische Affinität nicht hat?

Versteht mich nicht falsch, ich finde alle Initiativen toll! Die Anerkennung für Mitarbeiter im Einzelhandel ist um ein Vielfaches gestiegen. Wir versuchen uns bewusst bei unseren Mitmenschen für ihr Engagement zu bedanken. Aber was ist mit gerade jenen, die wir versuchen mit unseren Aktionen zu schützen? Wir drängen die ältere Generation tiefer in die Isolation, obwohl gerade sie es immer schwerer haben soziale Kontakte zu pflegen, aufrecht zu erhalten oder zu initiieren.

Die ältere Dame von neben an, die früher am Nachmittag immer im McDonalds gesessen ist, nicht um etwas zu essen, sondern um mit anderen Personen zu reden, die Leute zu beobachten, endlich mal wieder Teil vom Leben zu sein. Der Herr mit Hut, der zwischendurch im Park sitzt und das Gelächter und Toben der Kinder genießt.

Jetzt wird der eine oder andere sagen: „JA, aber wir gehen doch einkaufen für die unsere älteren Mitbürger“….wunderbar, die Grundversorgung von manchen ist gesichert…und das Grundbedürfnis nach menschlicher Nähe?

Jetzt geht es uns allen, ein bisschen so wie den älteren Generationen. Wir sind eingeschränkt in unseren Aktivitäten, teilweise allein gelassen mit uns selbst und in einigen Fällen komplett auf kleinstem Raum isoliert.

Und dann kam die Angst.

Denn wenn wir alle mal ganz ehrlich sind:

Keiner weiß, wie es weiter gehen wird! Die wenigsten von uns verstehen die Wirkungsweise des Virus. Und um dem unangenehmen Gefühl noch eine Schleife um zu binden, werden wir tagtäglich mit Nachrichten aus aller Welt bombardiert.

Schön, oder?

Und dann kommen die Wohlfühl-Aktionen und Motivationsparolen. Wir lassen uns doch nicht von einem Virus besiegen?! Wir erhalten unseren Tages-Rhythmus, bleiben fit und beweihräuchern uns mit all den guten Taten, die eigentlich selbstverständlich sind.

OK, das wurde jetzt doch etwas düsterer als geplant….

Aber das passiert uns allen hin und wieder, oder? Wenn man alleine in seiner dunklen Weltuntergangsspirale gefangen ist, und tiefer Richtung Abgrund gezogen wird. Nur was tun?

Ich kann nur sagen, was mir hilft:

Nicht zu viel über die Zukunft nachzudenken! Jeder Morgen ist ein neuer Tag, und dieser Tag muss bestritten, gefüllt und gelebt werden. Nicht jeder Tag ist ein guter Tag, aber dafür kann man zumindest versuchen den nächsten etwas besser zu gestalten. Zugegebenen Maßen, ist das nicht leicht, also mir fällt das nicht leicht, aber es wird jeden Tag ein bisschen besser.

Wer weiß, vielleicht sind genau das die Lektionen, die uns COVID-19 lehrt?

Selbstreflexion, Nachsicht mit sich und seinen Mitmenschen, Achtsamkeit, Selbstfürsorge und gegenseitige Anerkennung….

Wäre es nicht schön, wenn wir als Gesellschaft aus dieser Krise auferstehen wie der Phönix aus der Asche? Wenn wir alle lernen, dass ein behutsames und ruhiges Miteinander effizienter, angenehmer und produktiver ist? Wenn Kollegen lernen einander wertschätzend zu behandeln? Vorgesetzte merken, dass ein bisschen Lob und Anerkennung die Arbeitsmoral schnell und einfach steigern kann?


{Caroline Schweda}





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